Ehemal. Klosterkirche St. Cosmas und Damian

Der gelungene Raumeindruck von prunkvoller und zugleich heiterbeschwingter Festlichkeit, der den Besucher der Kirche von Gutenzell umfängt, ist auf eine behutsame Barockisierung der Abteikirche 1755/56 zurückzuführen. Nach einem Entwurf des berühmten Architekten, Altarbauers und Stuckateurs Dominikus Zimmermann, Erbauer der Wieskirche, wurde die gotische Basilika in einen sehr eindrucksvollen Spätbarockraum verwandelt. Die Tochter von Zimmermann, Maria Alexandra, war zu der Zeit Priorin und 1759 – 1776 sogar Äbtissin (ihr Wappen krönt den 1763 errichteten Hochaltar).

Unter Beibehaltung der gotischen Struktur führte Zimmermann eine der sparsamsten, aber wirkungssichersten Barockisierungen durch. Die spitzbogig-gotischen Arkadenreihen und vorderen Chorfenster wurden zur Rundform ausgemauert, die Säulen quadratisch ummantelt und die mittelalterlichen Obergadenfenster durch barocke Nieren – und Birnenfensterkombinationen ersetzt. Es ist ein besonderes Raumerlebnis des Besuchers,  wenn er aus dem dunklen Bereich unter der weit vorragenden Nonnenempore in das lichtdurchflutete Langhaus tritt. Wände und Decken werden durch die Zierelemente des Rokokostuck, -Kartuschen, Rocaillen, Rosetten, Wolkengebilden und Putten, belebt.

Die Malereien an den Obergadenwänden des Hochschiffs und an den Gewölbeflächen der Schiffsdecke führen in erzählfreudiger und leicht fasslicher Manier biblische Begebenheiten vor Augen. Die Deckenbilder umgrenzen Stuckprofilrahmen, überspielt von Rocaillen und Kartuschen. Der gemeinsame Bezugspunkt der Deckengemälde des Mittelschiffs ist das eucharistische Mahl. So zeigt das Langhauskuppelfresko mit der Signatur „J.G. Dieffenbrunner fecit 1755“ das „Letzte Abendmahl“. Im Deckenbild vor dem Chorbogen sind „Mannaregen“ und „Quellwunder“ aus dem alttestamentlichen Buch Exodus dargestellt.

„Die Hochzeit zu Kana“ ist im Spiegelgewölbe des fünften und sechsten Langhausjochs zu sehen. Das Langhaus weist über den Arkaden der beiden Mittelschiffwände einen Apostelzyklus auf. Johann Georg Dieffenbrunner schildert darin historische Begebenheiten aus der Apostelgeschichte und zeigt jeden der zwölf Sendboten Christi mit seinem Attribut.

Auf dem Weg zum Chor mit seiner reichen Altarausstattung richtet sich das Augenmerk auf die prächtige Kanzel des Kellmünzer Bildhauers Stephan Luidl D.J. (1756), aufgestellt am dritten nordseitigen Langhauspfeiler.

Am Chorbogen ein frühbarockes Triumphkreuz von 1615, das nach der Zerstörung des Klosters 1647 unversehrt unter dem Brandschutt zum Vorschein gekommen ist.

Auch der Hochaltar ist eine Arbeit von Stephan Luidl D.J. (1762). Das Altarblatt (Maria Himmelfahrt) von einem unbekannten Künstler (1692) entstammt dem früheren Hochaltar. Unten am Choreingang sind 1765 errichtete Reliquienaltäre der Katakombenheiligen Christina (rechts) und Justina (links) von dem Gutenzeller Bildhauer Joseph Mayer. Die fragilen Skelette wurden von den Chorfrauen mit Sinn für das Schöne und großem handwerklichem Geschick in kostbare Gewänder gekleidet. Auf gleiche Weise werden in den schwarzen Nebenschiffaltären (um 1730) die gefassten Leiber der Heiligen Hyazinth und Alexander präsentiert. Bitte beachten Sie, dass die Reliquienaltäre nur in der Weihnachtszeit (Hl. Abend bis 2. Februar (Maria Lichtmeß)) und in der Osterzeit (Ostern bis Pfingsten) zu besichtigen sind. Im übrigen Jahr sind die Altäre verhüllt und können nicht besichtigt werden.

Weitere Informationen über Kloster, Kirche und Brauchtum in Gutenzell finden Sie im Kleinen Kunstführer: „St. Kosmas und Damian Gutenzell“ vom Kunstverlag Fink, ISBN 978-3-931820-18-3, erhältlich auch am Schriftenstand im hinteren Teil der Kirche.

Auf Wunsch werden Führungen nach Anmeldung beim Pfarrgemeindeamt der Seelsorgeeinheit angeboten. In Verbindung mit den Führungen ist im Kapitelsaal auch eine Bewirtung mit Kaffee und Kuchen möglich

Verfasser: Karl Linder